AD MORTEM FESTINAMUS

 


Männerstimmen Basel, Oliver Rudin (dir) performing Ad Mortem Festinamus
WP Basel 21 APR 2015
UK tour (London/Cambridge/Oxford/Cornwall Festival)

 



SEP/OCT/DEC 2015, JAN 2016
Switzerland/Germany tour
St. Imier, Appenzell, Andelfingen, Lörrach, Basel, Laufen

 

 




 

Ad mortem festinamus (2014)

for male choir a cappella
commissioned by Männerstimmen Basel
Duration: 6'-6'30
Manuscript

 

 

 




 

Texts:

1.
Do not seek anyone's verdict - kill the disbelievers.
(Muhammad al-Adnani, 2014)

2.
Son animales, no son gentes.
(Juan Gines de Sepulveda, aus: Junta de Valladolid, 1550/51)

3.
Ad mortem festinamus peccare desistamus.
Scribere proposui de contemptu mundano,
Ut degentes seculi non mulcentur in vano.
Iam est hora surgere a somno mortis pravo.
Ad mortem festinamus peccare desistamus.
Vita brevis breviter in brevi finietur,
Mors venit velociter que neminem veretur,
Omnia mors perimit et nulli miseretur.
Ad mortem festinamus peccare desistamus.
Ni conversus fueris et sicut puer factus
Et vitam mutaveris in meliores actus,
Intrare non poteris regnum Dei beatus.
Ad mortem festinamus peccare desistamus.
(...)
Cuncti reges seculi et in mundo magnates
Adventant et clerici omnesque potestates,
Fiant velut parvuli, dimitant vanitates.
Ad mortem festinamus peccare desistamus.
Heu, fratres carissimi, si digne contemplemus
Passionem Domini amare et si flemus,
Ut pupillam occuli servabit, ne peccemus.
Ad mortem festinamus peccare desistamus.
(...)
Vile cadaver eris: Cur non peccare vereris.
Vile cadaver eris: Cur intumescere quaeris.
Vile cadaver eris: Ut quid peccuniam quaeris.
Vile cadaver eris: Quid vestes pomposas geris.
Vile cadaver eris: Ut quid honores quaeris.
Vile cadaver eris: Cur non paenitens confiteris.
Vile cadaver eris: Contra proximum non laeteris.

(aus: Llibre Vermell de Montserrat, 1399)

Ich habe mich entschlossen, vom Verächtlichen der Welt zu schreiben,
Damit diese degenerierten Zeiten nicht vergeblich vergehen.
Nun ist die Stunde, um vom bösen Todesschlaf zu erwachen.
Wir eilen dem Tod entgegen, wir wollen nicht mehr sündigen.
Kurz ist das Leben und in Kürze endet es,
Der Tod kommt schneller als man glaubt.
Der Tod vernichtet alles und verschont keinen.
Wir eilen dem Tod entgegen, wir wollen nicht mehr sündigen.
Wenn du nicht umkehrst und rein wie ein Kind wirst,
Dein Leben durch gute Taten änderst,
Kannst du nicht selig in Gottes Reich eingehen.
Wir eilen dem Tod entgegen, wir wollen nicht mehr sündigen.
(...)
Alle weltlichen Könige, alle Mächtigen dieser Erde,
Alle Kleriker und alle Staatsleute müssen sich verändern;
Sie müssen wie Kinder werden, auf Prahlerei verzichten.
Wir eilen dem Tod entgegen, wir wollen nicht mehr sündigen.
Ach, liebste Brüder, es ist schicklich,
Daß wir die bitteren Qualen Gottes kontemplieren, und weinen,
Nicht mehr zu sündigen geloben.
Wir eilen dem Tod entgegen, wir wollen nicht mehr sündigen.
(...)
Du wirst ein wertloser Kadaver sein;
Warum schützt Du dich nicht gegen die Sünde?
Warum strebst Du, dich zu erzürnen?
Warum begehrst Du nach Geld?
Warum trägst du wertvolle Kleider?
Welche Ehren erwartest Du?
Warum bekennst Du nicht deine Schuld?
Warum nimmst Du dich nicht deines Nächsten an?



 

Sources:

Abu Muhammad al-Adnani al-Shami (Arabic: أبو محمد العدناني .born 1977 or 1978), whose original name is Taha Subhi Falaha, is the official spokesman and a senior leader of the Islamic State of Iraq and the Levant, and its primary conduit for communicating official messages. He is also the emir of ISIL in Syria. https://en.wikipedia.org/wiki/Abu_Mohammad_al-Adnani

Juan Ginés de Sepúlveda (* 1490 in Pozoblanco, Córdoba; † 17. November 1573 ebenda) war ein spanischer Humanist, Historiker und Übersetzer. Sepúlveda studierte Philosophie in Alcalá de Henares und Theologie in Sigüenza sowie an der Universität Bologna, wo er den italienischen Humanismus kennenlernte. In seinem 'Democrates alter' verteidigte er das Recht Spaniens, Krieg zu führen und die Indios zu versklaven, begründet mit deren vermeintlicher menschlicher Inferiorität. 1550 nahm er an einer Debatte mit Bartolomé de Las Casas über die zukünftige Behandlung der Indios teil, der Disputation von Valladolid (Junta de Valladolid). https://de.wikipedia.org/wiki/Disput_von_Valladolid

Ad mortem festinamus ist ein mittelalterliches Tanzlied, das in seiner unter diesem Titel bekannten Fassung im Llibre Vermell de Montserrat von 1399 erhalten ist. Der kirchenlateinische Text des Liedes handelt von Weltverachtung und dem Verlangen, angesichts des unvermeidlichen Todes nicht mehr zu sündigen. Der Llibre Vermell de Montserrat (Katalanisch für „Rotes Buch von Montserrat“) ist eine Sammlung spätmittelalterlicher Lieder und liturgischer Texte. Das Manuskript aus dem 14. Jahrhundert wird bis heute im Kloster von Montserrat bei Barcelona in Katalonien aufbewahrt. Es entstand um das Jahr 1399 und enthielt ursprünglich 172 Seiten. Von den 137 erhaltenen Seiten enthalten 12 Lieder und Noten (fol. 21v bis 27). Der heutige Titel der Handschrift bezieht sich auf den roten Einband, in welchen die Seiten im 19. Jahrhundert gebunden wurden. Das Benediktinerkloster auf dem Montserrat war um die Zeit der Entstehung der Handschrift ein wichtiger Wallfahrtsort der Marienverehrung. Der Llibre Vermell enthält Lieder und Gedichte, die der Marienfrömmigkeit dienten. Da es in Montserrat keine Übernachtungsmöglichkeiten gab, mussten die Pilger die Nacht in der Kirche verbringen. Sie verwandelten so den liturgischen Raum in eine Pilgerherberge. Die Lieder des Llibre Vermell waren dafür gedacht, die traditionellen säkularen Lieder und Tänze der feiernden Pilger während der Andacht zu ersetzen. Um dies zu erreichen, haben diese Lieder teils einen volkstümlichen Klang. Wahrscheinlich wurden hierzu die Melodien von traditionellen Liedern genutzt, während die säkularen Texte durch religiöse ersetzt wurden. Obwohl die Texte selbst erst Ende des 14. Jahrhunderts niedergeschrieben wurden, ist aufgrund des Stiles davon auszugehen, dass die Lieder selbst älter sind. https://de.wikipedia.org/wiki/Llibre_Vermell_de_Montserrat



 

Kommentar:

Wenn 'ad mortem festinamus' alsTotentanz aufgefasst wird, der uns die Endlichkeit unseres Daseins vor Augen führt, ist der Gedanke daran, unsere Zeit für etwas anderes als zum Streiten zu nutzen, naheliegend. Wie aus der Textauswahl hervorgeht, ist al-Adnani bei Weitem nicht der erste auf Erden, der Zwietracht sät. Es ist kaum 500 Jahre her, da wurden die spanischen Kolonien radikal christianisiert und Spanien selbst ent-islamisiert (ironischerweise sind Städte wie Sevilla und Cordoba heute nach wie vor länger muslimisch als christlich geprägt worden, umgekehrt war Istanbul fast 1000 Jahre lang eine der christlichen Hauptstädte, und ist, kontrapunktisch dazu sozusagen, länger christlich als muslimisch geprägt). Die Junta de Valladolid schiesst in dieselbe Richtung wie der Islamische Staat: Die Grausamkeiten der Kreuzzüge, der Inquisition, der Missionen, des Sklavenhandels und der Rassentrennung stehen letzterem in nichts nach. 'ad mortem festinamus' ergreift für keinen der beiden Partei, sondern illustriert a) ihre Absurdheit durch die parallele Präsenz beider Texte bzw. deren Vermengung/Gegenüberstellung mit dem mittelalterlichen Lied (das im Übrigen aus einem Land stammt (Spanien), das seine grösste Blütezeit und Wohlstand aus dem Austausch der Kulturen nährte und damit entscheidend auch Europa prägte - das heutige Europa erhielt NB den Zugang zu den Schriften der Wissenschaft, Mathematik, Philosophie und Medizin des Altertums über die arabischen Weisen in Spanien - bis es sich mit der Reconquista dagegen entschied und nach und nach kulturell verarmte), b) zum anderen zeigt es durch die kompositorische Faktur auf, wie unterschwellig sich dieses feindliche Klima einschleichen kann, und es auch nach wie vor tut. Schlüsse daraus kann jeder für sich ziehen. 

If 'ad mortem festinamus' is seen as a dance of death that shows us the finiteness of our existence, the idea of using our time for something other than arguing is obvious. As can be seen from the selection of texts, al-Adnani is far from the first on earth to sow discord. It was barely 500 years ago that the Spanish colonies were radically Christianized and Spain itself was de-Islamized (ironically, cities like Seville and Cordoba have remained Muslim for longer than they have been Christian; conversely, Istanbul was one of the Christian capitals for almost 1,000 years , and is, in counterpoint, so to speak, longer influenced by Christianity than by Muslims). The Junta de Valladolid is shooting in the same direction as the Islamic State: the atrocities of the Crusades, the Inquisition, the missions, the slave trade and racial segregation are in no way inferior to the latter. 'ad mortem festinamus' does not take sides with either of them, but rather illustrates a) their absurdity through the parallel presence of both texts or their mixing/juxtaposition with the medieval song (which, incidentally, comes from a country (Spain) that had its greatest heyday and prosperity from the exchange of cultures and thus decisively shaped Europe - today's Europe received access to the writings of science, mathematics, philosophy and medicine of antiquity via the Arab sages in Spain - until it decided against it with the Reconquista and gradually culturally impoverished), b) on the other hand, it shows through the compositional structure how subliminally this hostile climate can creep in, and continues to do so. Everyone can draw their own conclusions from this.

JH, 4/2015

 








OCT 2016
Switzerland/Basel, St. Leonhard
Männerstimmen Basel
CD pilagrímr release concert

 









NOV 2023
Vancouver, Canada
Chor Leoni, Erick Lichte (dir)



 





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